Landesverband der Freien Berufe Sachen e.V. - Druckversion

URL: http://www.lfb-sachsen.de/lfb_os/neuigkeiten/04_06_2024_ID402.htm

Ausdruck vom: 29.11.2024

Wie weiter in Sachsen?

Welche Ideen die im Landtag vertretenen Parteien für die anstehenden Herausforderungen bei den Freien Berufe haben, darüber sprachen die Mitglieder des LFB Sachsen Ende April mit Rico Gebhardt (Die Linke), Gerhardt Liebscher (Bündnis 90/Die Grünen), Simone Lang (SPD), Christian Hartmann (CDU) sowie Andreas Wendt (AFD). Moderiert wurde das Podium von RA Cornelia Süß, Präsidentin des LFB Sachsen e.V..

Für Christian Hartmann sei die Antwort auf Fachkräftemangel und sinkende Wirtschaftsleistung der Ausbau der Infrastruktur, Netzausbau und Digitalisierung sowie Zuwanderung von Fachkräften und weniger Teilzeittätigkeit. Für eine bessere Bildung brauche es mehr Entlastung für Lehrer durch Sozialarbeiter und neue Lernmodelle, so Hartmann. Aber auch der Erziehungsauftrag der Eltern muss wieder ins Bewusstsein gerufen werden, weil manche Erziehungsberechtigten glauben, dass dafür die Schule zuständig sei.

Diesen Ansätzen stimmte Simone Lang im Wesentlichen zu, ergänzte jedoch die Punkte um flexible Arbeitszeitmodelle, eine bessere technische Ausstattung der Schulen sowie Entlastungshilfen, da Lehrer heutzutage auch noch Psychologen, Erziehungshelfer und Konfliktberater seien.

Für Rico Gebhardt sind diese Vorschläge zwar nachvollziehbar und wichtig, aber gerade die Zuwanderung dauert ihm zu lang. Hier müsse es schnellere Anerkennungsprozesse geben, die bereits bei den Arbeitsvisa in den deutschen Botschaften beginnen würde. Denn schon dort sind die bürokratischen Hürden und Wartezeiten extrem lang. Und hier im Land selbst brauche es eine echte Willkommenskultur.

Gerhardt Liebscher würde gern die Quote der Schulabbrecher senken, um mehr junge Menschen in den Arbeitsmarkt zu bekommen. Hier müsse die Unterstützung bereits bei bildungsfernen Eltern beginnen, um dieses Ziel zu erreichen. Und er plädiert für die Ganztagsschule sowie gemeinsame Klassen bis zur Stufe 10. Damit könnten in einem langjährigen Klassenverband feste Beziehungen aufgebaut und eine langfristige Unterstützung von lernschwachen durch lernstarke Schüler erzielt werden.

Andreas Wendt will zuerst die Potenziale im Inland heben, bevor eine punktuelle Zuwanderung erfolgen sollte. Zu den Potenzialen zählt er die deutschen Schulabbrecher, Menschen ohne Ausbildung sowie abgewanderte Deutsche im Ausland. Außerdem sollte das Bürgergeld abgeschafft werden, weil dann der Anreiz, sich keine Arbeit zu suchen, vorbei wäre. Die Diskussion um eine Vier-Tage-Woche kann er mit Blick auf den Personalmangel in vielen Bereichen ebenfalls nicht nachvollziehen. Diese Diskussion geht für Wendt in die falsche Richtung. Alle anderen Punkte wie Ausbau der Infrastruktur, Digitalisierung und mehr Geld für Kommunen sieht er genauso wie die anderen Gesprächspartner.

Bei den Maßnahmen für die Wirtschaft gingen die Meinungen dann etwas weiter auseinander. Während Hartmann die soziale Markwirtschaft mit Leuchtturmprojekten der vergangenen Jahre verteidigte, wäre Gebhardt eher für eine Volkswirtschaft, in der der Freistaat mit Investitionen für Infrastruktur und Netzausbau in Vorleistung geht, um die Lebensverhältnisse insbesondere für die ländlichen Regionen zu verbessern. Diesen Ansatz unterstütze Liebscher dahingehend, dass zum Beispiel Subventionen für fossile Brennstoffe abgeschafft, aber es gleichzeitig eine Bürgerbeteiligung bei Solarenergie geben sollte. Dem entgegnete Wendt mit der klaren Ansage, kein Geld für Klimaschutzprojekte auszugeben. Das eingesparte Geld könne man viel besser einsetzen. Diese Äußerung erzeugte regen Widerspruch bei den Zuhörern und nötigte den Präsidenten der Architektenkammer dazu, sich für Ausgaben im Klimaschutz zu positionieren, denn, wenn man heute am Klimaschutz spart, würden die nächsten Generationen den Preis dafür bezahlen.

Der Bürokratieabbau ist für alle Fraktionen im Landtag ein wichtiges Anliegen. Dies wurde bei dem Treffen ebenfalls sehr deutlich. Hartmann spielte zunächst den Ball vom Landtag zu den Ministerien, die unzählige komplizierte Verordnungen erschaffen hätten, welche vom Gesetzgeber so nicht gewollt waren. Außerdem würde er das Personal im Öffentlichen Dienst gern abbauen und die Verwaltungsarbeit durch Digitalisierung vereinfachen. Für Liebscher wäre es schon ein wichtiger Schritt, wenn wenigstens die Spielräume in den Gesetzen und Verordnungen stärker genutzt würden, um Antragsverfahren zu beschleunigen und Bürger zu entlasten. Dem steht nach Ansicht von Erik Bodendieck, Präsident der Sächsischen Landesärztekammer, der Mangel an Eigenverantwortung, selbständigem Denken und fehlender Subsidiarität entgegen. Thomas Breyer, Präsident der Landeszahnärztekammer Sachsen, ging noch ein Schritt weiter. Er ist der Meinung, dass die Behördenmitarbeiter seit der Wende immer seltener zu eigenständigen Entscheidungen motiviert wurden und es daher keine Kultur der Selbstständigkeit und Eigenverantwortlichkeit in der öffentlichen Verwaltung mehr gäbe. Außerdem hätten gerade die Parlamentarier zu dem Gesetzeswust wesentlich beigetragen, der viele heutige Probleme verursacht.

Fazit ist, dass alle Landtagsparteien sich bei den wichtigsten anstehenden Herausforderungen einig sind: Wirtschaft, Digitalisierung, Fachkräftemangel und Bürokratie. Und auch in den Problemlösungsstrategien gibt es, bis auf wenige Details, große Übereinstimmungen. Spannend wird es, wenn es nach den Landtagswahlen darum gehen wird, Strategien in Lösungen zu verwandeln. Letztlich braucht es dafür Risikobereitschaft und Innovation genauso wie Erfahrung und Verlässlichkeit. Ein „weiter so“ ist keine Strategie.

Knut Köhler M.A.